Stress-Studie im Klinikum Schloss Lütgenhof

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Die Stress-Studie

Stress-Studie im Klinikum Schloss Lütgenhof

Nomothetische Forschung im Klinikum Schloss Lütgenhof

Das Klinikum Schloss Lütgenhof (KSL) arbeitet nach den Grundsätzen der Personalen Medizin, deren Fundament die Schulmedizin bildet. Zudem wird die Personale Medizin inhaltlich von Philosophie (u.a. Nietzsche, Merleau-Ponty) und Anthropologie (u.a. Plessner, Gehlen) beeinflusst und steht für eine an Wissenschaftlichkeit orientierte Medizin, Psychologie, Psychosomatik und Psychotherapie (Danzer, 2021).

G. Schmid-Mühlbauer

Idiographische vs. nomothetische Forschung

„So dürfen wir sagen: die Erfahrungswissenschaften suchen in der Erkenntnis des Wirklichen entweder das Allgemeine in der Form des Naturgesetzes oder das Einzelne in der geschichtlich bestimmten Gestalt; sie betrachten zu einem Teil die immer sich gleichbleibende Form, zum anderen Teil den einmaligen, in sich bestimmten Inhalt des wirklichen Geschehens. Die einen sind Gesetzeswissenschaften, die anderen Ereigniswissenschaften; jene lehren, was immer ist, diese, was einmal war. Das wissenschaftliche Denken ist – wenn man neue Kunstausdrücke bilden darf – in dem einen Falle nomothetisch, in dem andern idiographisch. (…) Es bleibt möglich und zeigt sich in der Tat, dass dieselben Gegenstände zum Objekt einer nomothetischen und daneben auch einer idiographischen Untersuchung gemacht werden können.“ (Windelband, 1904 / S. 12)

Im Klinikum Schloss Lütgenhof wird bei allen PatientInnen eine biperspektivische Simultandiagnostik–sowohl auf biomedizinischer als auch auf psychosozialer Ebene – durchgeführt. Dabei werden im Wechsel nomothetische und idiographische Zugangsweisen angewendet.

Idiographische Methoden finden sich überwiegend in den Geistes- und Kulturwissenschaften; sie verfolgen das Ziel, den jeweiligen Einzelfall abzubilden und zu verstehen. Die Nomothetik (erklärend) orientiert sich an großen Stichproben und Normwerten und beruht auf Gesetzmäßigkeiten; sie findet sich überwiegend in den Natur- und Sozialwissenschaften (Danzer, 2021).

Um zugrundeliegende Mechanismen, die im Zusammenhang mit Stress wirken, besser zu verstehen, haben wir unsere sog. „Stress-Studie“ (offizieller Titel: „Überprüfung des transaktionalen Stressmodells mit psychosomatischen Patienten“) konzipiert. Die Studie kann dem nomothetischen Ansatz zugeordnet werden: Die Daten werden wir nur auf Gruppenebene (z.B. Männer vs. Frauen, bestimmte Diagnosegruppen) ausgewertet, um so statistische Zusammenhänge zwischen psychosozialen Faktoren und Stress bei psychosomatischen Patienten zu eruieren. Zugleich helfen uns die erhobenen Fragebögen auf individueller Ebene dabei, ein besseres Verständnis für den/die einzelnen Patienten/in zu entwickeln und mit ihm/ihr ins Gespräch zu kommen.

Die Auswirkungen von Stress und die Bedeutung von Coping-Strategien

Kurze Belastungsphasen, im Wechsel mit Erholung, sind für die Gesundheit nicht schädlich, während anhaltender Stress zu körperlichen und psychischen Störungen führen kann. Kardiovaskuläre Erkrankungen, beispielsweise die koronare Herzkrankheit (KHK), gehören in Deutschland zu einer der häufigsten Todesursachen. Psychosoziale Faktoren – wie Stress, Ernährung, Depressivität – spielen bei einer KHK sowohl im Hinblick auf die Genese als auch im Krankheitsverlauf eine zentrale Rolle (Herrmann-Lingen, 2008; Sgoifo et al., 2017).

Deshalb ist es wichtig zu verstehen, welche Mechanismen im Zusammenhang mit Stress wirken. Das transaktionale Stressmodell von Lazarus und Folkman (1987) ist ein bekanntes und häufig zitiertes Stressmodell, das von einer prozesshaften Beziehung zwischen Umwelt- und Personenvariablen ausgeht. Zentral in diesem Modell sind gedankliche (kognitive) Bewertungen und das Copingverhalten (Coping = Umgang mit Herausforderungen oder Problemen): (siehe Abbildung 1)

„Humans (…) constantly evaluate what is happening to them from the standpoint of its significance for their well-being. This is what appraisal means. Whether and how we cope with demands flows from this appraisal, as do the qualities and intensities of the emotions we experience.“ (Lazarus & Folkman, 1987).

Transaktionales Stressmodell

Abbildung 1. Transaktionales Stressmodell (adaptiert nach Lazarus & Folkman, 1987).

  • Primäre Bewertung: Die Situation wird im Hinblick auf die Relevanz für die Person eingeschätzt – als positiv, irrelevant oder als Stressor (Herausforderung, Bedrohung, Schaden).
  • Sekundäre Bewertung: Einschätzung der vorhandenen Ressourcen – ausreichend oder zu wenig?

Ziel unser Stress-Studie

Ziel unser Stress-Studie ist es, das transaktionale Stressmodell (Lazarus & Folkman, 1987) mit psychosomatischen Patienten, die stationär im Klinikum Schloss Lütgenhof behandelt werden bzw. wurden, längsschnittlich zu überprüfen (vgl. Obbarius et al., 2021).

Die zuständigen Ethik-Kommission der Universitätsmedizin Rostock hat unsere Studie vorab begutachtet; es wurden weder berufsrechtliche noch ethische Bedenken eingeräumt.

Zum Zeitpunkt der stationären Aufnahme in unsere Klinik werden die PatientInnen vom behandelnden Arzt über die Stress-Studie informiert und können schriftlich ihre Einwilligung zur Teilnahme geben. Im Rahmen der Studie füllen die PatientInnen zu drei Erhebungszeitpunkten (Aufnahme, Entlassung und nach etwa einem Jahr/Online-Nachbefragung) Fragebögen zu folgenden Themen aus:

  • Persönliche Ressourcen (z.B. Selbstwirksamkeit, soziale Unterstützung)
  • Stressoren bzw. Anforderungen in ihrem Leben
  • Gedanklichen Bewertungen
  • Bewältigungsstrategien (Coping)
  • Stresserleben
  • Depressivität
  • Lebensqualität

Die Daten werden in anonymisierter Form statistisch – in Kooperation mit dem Institut für Biometrie und Registerforschung / Prof. Michael Hauptmann (Medizinische Hochschule Brandenburg) – ausgewertet. Aktuell läuft noch die Datenerhebung. Ziel ist es, dass etwa 370 stationäre PatientInnen unserer Klinik an der Stress-Studie teilnehmen.

Die Ergebnisse sollen auf wissenschaftlichen Fachtagungen vorgestellt und in wissenschaftlichen Fachzeitschriften publiziert werden.

Referenzen

  • Danzer, G. (2021). Personale Medizin: Zur Anthropologie von Krankheit und Gesundheit. Berlin: Springer-Verlag.
  • Herrmann-Lingen, C. (2008). Psychosomatik der koronaren Herzkrankheit. Psychotherapeut, 53: 143-156.
  • Lazarus, R.S.; Folkman, S. (1987). Transactional theory and research on emotions and coping. European Journal of Personality, 1: 141-169.

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